Meddi Müller

Ein Frankfurter Kultautor

Socken

Wir müssen über Socken reden. Warum? Das ist doch wohl offensichtlich. Socken beeinflussen uns tagtäglich, und dass nicht nur, weil wir sie an den Füßen tragen, damit sie uns warmhalten. Socken haben nämlich auch ein Eigenleben. Jetzt hören Sie mal auf, mit den Augen zu rollen. Lassen Sie mich ausreden. Danach können Sie sich immer noch ein Urteil über meinen Geisteszustand bilden.

Die Geschichte der Socken geht bis ins Jahr 500 zurück. Man hat in Ägypten die ersten gestrickten Socken finden können, die ungefähr auf dieses Alter datiert wurden. Nein, es waren keine Pyramiden, wie sonst immer, es waren normal Gräber. Warum gerade ein Ägypter Socken braucht, ist mir ein Rätsel, aber vielleicht waren die Nächte kalt. Was weiß ich, ist ja wohl auch scheißegal. Und ich wette, dass vom ersten Tag an, die Socken in irgendeinem Waschzuber verschwanden.

Wer kennt es nicht, das Lager der einzelnen Socken in der Wohnung. Socken, die nie wieder ihren ursprünglichen Partner finden. Manche vielleicht; aus purem Zufall. Andere bekommen neue Partner zugeteilt, die ihnen ähnlich sehen. Die bemitleidenswertesten unter ihnen, bleiben allein. Vom Partner verlassen, allein auf sich gestellt, in einem Korb mit anderen verlassenen Socken. Wenn man genau hinhört, kann man die ein oder andere Socke weinen hören.

Socken sind meiner Meinung nach auf jeden Fall Einzelgänger, die gezwungen werden, als Paar aufzutauchen. Sobald sie eine Möglichkeit erkennen, sich aus dem Staub zu machen, greifen sie zu. Ich behaupte, der Haufen der einzelnen Socken auf der Welt, ist höher als der Mount Everest. Garantiert!

Nicht nur, dass die Socken in den Waschmaschinen und Trocknern dieser Welt die Flucht ergreifen. Sie sind auch ein Ärgernis an Weihnachten. Wer Socken an Weihnachten geschenkt bekommt, ist ungeliebt. Wer Socken an Weihnachten verschenkt, ist ein Sadist. Socken sind das elendigste Weihnachtsgeschenk, dass man machen kann. Wieso schenkt man jemanden etwas, das er ohnehin schon hat und zwar im Überfluss. Wie soll man sich über Socken freuen können? Sie sind jederzeit und überall verfügbar. Das ist wie die Luft zum Atmen. Sie ist da, aber man denkt nicht darüber nach. Weil sie immer da ist. Wie Socken eben. Es ist ja schon was Besonderes, wenn man barfuß unterwegs ist.

Socken sind eine Selbstverständlichkeit. zumindest in unseren Breitengraden. Verschenken Sie keine Socken. Das ist einfallslos, beleidigend und auf so vielen Ebenen falsch, dass es den Rahmen sprengt. Die Krönung ist allerdings, das Verschenken selbst gestrickter Socken. Der Empfänger fühlt sich dann genötigt, sie zu tragen, um den Verschenkenden nicht zu beleidigen. Es gibt nur einen einzigen Grund, Socken zu verschenken: Der Beschenkte bittet ausdrücklich darum! Alles andere ist unakzeptabel.

Socken stinken, Socken haben Löcher, Socken können furchtbar hässlich sein, eine (meist lächerliche) Botschaft tragen oder das Abbild eines Haustieres. Socken können ein Statement sein. Sie können eine Botschaft transportieren. Stecken weiße Socken in Sandalen, sind sie eine Offenbarung, direkt aus der Spießerhölle. Trägt der Träger dann noch eine Herrenhandtasche, ist das gleichzusetzen mit einem Kontrollverlost über das eigene Leben. Es gibt kein Gesetz, dass vorschreibt, dass man an jedem Fuß zu jeder Zeit, die gleichen Socken tragen muss. Aber irgendwie ist das eine Regel. Hält man sich nicht, daran ist man sofort im besten Fall ein Künstler oder ein Filou; ein Regelbrecher, Systemsprenger oder ein Querdenker (nein, ich lasse mir das Wort nicht von Vollidioten klauen!!) und im Schlimmsten Falls. ist man verrückt oder durchgeknallt. Man wird durch die Wahl seiner Socken beurteilt. So was bescheuertes …

Was ist denn das faszinierende an Socken? Sie sind so alltäglich, wie gewöhnlich. Aber dennoch sind sie immer wieder Thema. Manche Menschen behaupten, dass man das Geschlecht seines ungeborenen Kindes bestimmen kann, in dem man beim Zeugungsakt entweder die Socken anbehält oder auszieht. Mal abgesehen davon, dass ein lediglich mit Socken bekleideter Mann, ein hervorragendes Verhütungsmittel ist. Dennoch ist eine solche These an Schwachsinn kaum zu überbieten.

Ich persönlich habe ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Socken. Ich habe als Kind immer Socken geschenkt bekommen und habe es gehasst. Als Kind will man keine praktischen Geschenke!! Man will sinnlosen Scheiß, der einen Heidenspaß macht. Hinzu kommt, dass ich sehr gerne Geschenke bekomme. Meine Frau macht die tollsten, sie hat es über die Jahrzehnte, die ich mit ihr mein Leben teilen darf, perfektioniert. Ihre Geschenke machen Sinn. Socken machen keinen Sinn, nur den, dass der Schenkende, sich keine Gedanken über den Beschenkten gemacht hat. Und einem Kind Socken zu schenken, ist eine Form der Gewalt.

Ich habe seit vielen Jahren immer nur schwarze Socken in meinem Kleiderschrank, denn ich hasse es, die passenden Socken zusammenzusuchen. Das ist eine Arbeit für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat. Ich habe sogar mal meinem Sohn 50 Cent pro richtig zusammengelegtes Paar Socken geboten. So sehr hasse ich es, Socken zu sortieren. Anfangs dachte er an einen sehr guten Deal und sah sich schon auf dem Weg zum Superreichen. Er fühlte sich wie ein Goldgräber, der auf eine unerschöpfliche Ader gestoßen war, als er vor dem Stapel unsortierter Socken hockte. Eine unversiegbare Quelle des Reictums türmte sich vor hm auf.

Nur wenig später zahlte ich abmachungsgemäß Zweieurofünzig an ihn und er stapfte schimpfend davon. So eine Drecksarbeit wäre Ausbeutung und so … seither sortiere ich meine Socken wieder selbst. Schade, ich hätte gerne dafür bezahlt.

Nun, … die zahlreichen und wirklich mysteriösen Umstände, unter denen Socken auf unserer Erde wandeln, lassen sich in einem sinnlosen Blog wie diesem sicherlich nicht klären. Aber vielleicht denken Sie mal darüber nach, was es mit dem merkwürdigen Verhalten der Socken und der gesellschaftlichen Stellung dieser Strickwerke auf sich hat. Ich fürchte, sie sind ein Streich Gottes.

Bis dahin
Ihne Ihrn

Meddi Müller

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